2013/06/06

Universitas europeana II

System europäischer Graduiertenschulen (c) ELE
Überall im europäischen Hochschulraum sprießen sie wie Pilze aus dem Boden - Graduiertenschulen. Daher möchte ich einige Ideen zu dem Prinzip Graduiertenkolleg, -schule oder wie auch immer man es nennen möchte, schildern. Ein inhaltlicher Pluspunkt der Struktur einer Graduiertenschule ist die Vermittlung von übergreifenden Kompetenzen im Wissenschafts- und Berufsorientierungsbereich. Eine Priorität ist die umfassende Möglichkeit, zusätzliche Stärken der Mitglieder über das inhaltliche Profil hinaus zu entwickeln. Formate können hier von selbst organisierten Arbeitsgruppen über kürzere Informationsveranstaltungen bis hin zu Wochenendworkshops reichen. Themen sind beispielsweise:
  • wissenschaftliches Schreiben und Forschungsprojektgestaltung
  • Publikations-Softwarelösungen und Literaturdatenbanken
  • Berichte aus akademischen und wissenschaftsnahen Berufsfeldern/Perspektivenforum  (möglichst von Ehemaligen)
  • Förderungsprogramme (nicht zuletzt europäische)
  • Zeitmanagement
  • Leseoptimierung
  • Nebentätigkeiten und Doktorarbeitskonzentration
  • Medienarbeit/Öffentlichkeit für das eigene Projekt schaffen
  • Work-Life-Balance
  • Verteidigung und Publikation der eigenen Arbeit

Aufgrund der hierarchischen Unterschiede in den universitären Systemen ist vor allem die Problemlösungsfunktion des Graduiertenschulen-Personals vongroßer Wichtigkeit. Neben der eigenständigen Vertretung der Promovierenden besteht über das Personal für diese Gruppe die Möglichkeit, Herausforderungen wie Arbeitspriorisierung, Betreuungsdefizite oder individuelle Familiensituationen in den Entscheidungsprozess der Graduiertenschulen-Leitung (meist Professorinnen und Professoren) einzuspeisen. Regelmäßige Sprechstunden können zu beispielsweise folgenden Themen angeboten werden:
  • Gender- und Diversity-Fragen
  • Familie und Wissenschaft
  • Arbeitsauslastung und Balance von Nebentätigkeiten und Qualifikationsarbeit
  • Spannungsfeld inhaltliche Beratung/intellektuelle Vorgaben
  • Evaluation-/Antrags- und Berichtsherausforderungen
  • Forschung und Lehre
  • Rückmeldung zum Graduiertenschulen-Personal
 Eine oftmals betonte Funktion des Personals der Graduiertenschulen ist die Verankerung der Institution und der individuellen Mitglieder in der Öffentlichkeit der jeweiligen Universitäten, Regionen und darüber hinaus. In Deutschland kommt zum Beispiel dem Informationsdienst Wissenschaft (www.iwd-online.de) eine wichtige Funktion zu, daneben wird oft eine Adressdatenbank mit gezielten Kontakten für wichtige Themen der jeweiligen Graduiertenschule gepflegt. Beratungsangebote für die Mitglieder können im Bereich Wissenschafts-PR und Öffentlichkeitsarbeit in Hochschule und Forschung zum Beispiel umfassen:
  • Neue Medien und soziale Netzwerke
  • Bildung von Promovierenden-Kooperationen für größeren Medieneffekt
  • Umgang mit Bildern und Grafiken
  • Gespräche im Journalismus- und PR-Bereich
  • Verwissenschaftlichung der Medien – Medialisierung der Wissenschaft
  • Medienstrategien und Mechanismen der Aufmerksamkeit

Vernetzung ist sowohl bei akademischen wie wissenschaftsnahen Karrieren von Doktorandinnen und Doktoranden ein zentraler Faktor. Eine über Graduiertenschulen praktizierte Vernetzung ist jene mit »Gleichrangigen« (Peer Mentoring). Eine Möglichkeit ist ein freiwilliger Stammtisch zum Erfahrungsaustausch aller interessierten Mentoringpaare wird. Eine Besonderheit vieler interfakultären und interdisziplinären Projekte sind die »zweiten Betreuungspersonen«. Darüber hinaus können weitere Mentoring-Programme (beispielsweise der Begabtenförderungswerke oder Wissenschaftseinrichtungen, falls Doktorandinnen und Doktoranden dort gefördert werden) genutzt werden, um eine Weiterbildung auch der erfahrenen Betreuungspersonen/Mentoren zu gewährleisten. Mögliche Erfahrungen und Vernetzungsherausforderungen in diesem Bereich sind zum Beispiel:
  • Erfolgsfaktor Eigeninitiative
  • aktive Kommunikation
  • Herausforderungen und Möglichkeiten im Matchingprozess
  • Auslandsaufenthalte und Kontaktfrequenz
  • Wissen-/Erfahrungstransfer

Im europäischen Hochschulraum haben solche Programme eine strukturierende Funktion, zentral ist hier eine große Flexibilität, die sich einer Grundforderung von Promovierenden zuordnen lässt: Möglichkeiten eröffnen, Freiheit bewahren.