2012/07/18

Gedanken zum ehemaligen Rankeplatz

Vor einem Monat wurde der umgestaltete Rankeplatz in Berlin-Charlottenburg in Friedrich-Hollaender-Platz umbenannt. Ein paar Gedanken zu Leopold von Ranke, einem anderen »Holländer« und einer europäischen Perspektive auf das Ganze passen gut zum ersten Monatsjubiläum. Und das unabhängig davon, ob der »neue Rankeplatz« nun »nicht allen« gefällt (wie Der Tagesspiegel in einem Artikel im Berlin-Ressort meint). Der Historiker Ranke gilt vermutlich weder als »großer Europäer« noch als Hollandspezialist. Wie dem auch sei, seine Ideen tauchen sowohl in der europäisch vielbeschworenen »Einheit in der Vielfalt« als auch in aktueller Geschichtsschreibung auf.
Das Motto der Europäischen Union lautet: »In Vielfalt geeint«. Übertragen ins 19. Jahrhundert könnte man von einer positiven Betrachtung einer europäischen »Harmonie« sprechen, welche aus »Sonderung und reiner Ausbildung« der »Staaten« und »Nationen« entsteht (so Ranke im Schlusswort des bekannten Aufsatzes »Die großen Mächte« aus der Historisch-Politischen Zeitschrift, Bd. 2, 1833). Große Mächte, dazu zählten nicht: Holland beziehungsweise die Niederlande. Dennoch war die Entstehung der Niederlande im 16. Jahrhundert für Ranke aus seiner Bejahung europäischer Vielfalt heraus wichtig. Beim »Aufstande der Niederlande« fokussierte der Historiker sehr auf einen »Holländer«, der einem weiteren Platz in Berlin-Kreuzberg seinen Namen gegeben hat. Der Konflikt zwischen den niederländischen Provinzen und Spanien erscheint als Kampf Davids gegen Goliath.
Dieser Krieg geht bei Ranke fast zugunsten des vereinheitlichenden iberischen Machtmolochs aus, als ein »großer Mann« am 10. Juli 1584 starb: »Nachdem der Prinz von Oranien ermordet worden war, gewann das katholische Princip wieder die Oberhand, und das neu begründete spanische Element drang nun mit Gewalt in die belgischen Provinzen vor.« (Leopold von Ranke, Weltgeschichte. Neunter Theil, zweite Abtheilung. Ueber die Epochen der neueren Geschichte. Vorträge dem Könige Maximilian II. von Bayern gehalten. Hrsg. von Alfred Dove. Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 148). Am Ende heißt es aber: »Ende gut, alles gut«. Spanien musste schließlich die Unabhängigkeit der Niederlande anerkennen. Nun war der »Prinz von Oranien« nicht nur Begründer des holländischen, pardon, niederländischen quasi-monarchischen Fürstenhauses. Er ist mit diesem Titel auch einer derjenigen, die einem einfallen, wenn man am Oranienplatz unterwegs ist. Oranienplatz und ehemaliger Rankeplatz haben eines gemeinsam – die entsprechende Straße wurde nicht vergessen. So bleiben ein vielleicht doch recht »europäischer« Historiker und sein liebster »Holländer« dem Berliner Straßenlexikon erhalten.