2012/09/27

Wissenschaft – es ist eine Menschensache!

Vor einiger Zeit geisterte eine Diskussion um ein peinliches Werbevideo der EU durch die Medien. Die Aufmerksamkeit liegt derzeit verständlicherweise bei anderen »Internetvideo-Debatten«, dennoch lohnt sich ein zweiter Blick mit etwas zeitlichem Abstand. Was war geschehen? Kommentare echauffierten sich zu Recht über ein klischeetriefendes Videofilmchen. Die EU-Kommission hatte es für 102.000 € (http://science-girl-thing.eu/files/about/about-science-girl-thing-en.pdf) in Auftrag gegeben, um Wissenschaft attraktiver, weniger männlich dominiert zu präsentieren. Im Nachhinein fragte ein süddeutsche.de-Kommentar entgeistert, mit welcher Brille die beauftragte Agentur wohl an ihren Job herangegangen sei (http://www.sueddeutsche.de/bildung/missglueckte-eu-kampagne-mit-minirock-und-high-heels-ins-labor-1.1394628-2?commentCount=11&commentspage=1#kommentar1687354). Die Schaltzentrale in Brüssel zog daraufhin die Reißleine, nahm das Video von ihrer Seite und warf die Twitter-Maschine an, um unter #realwomeninscience die Debatte in ein ruhigeres Fahrwasser zu lenken.
Fazit: Erstens ist die Krisen-PR der Verantwortlichen aufschlussreich – da wird mit einem Hashtag bei einer US-amerikanischen Mikroblog-Firma und einem dürren PDF-Schreiben versucht, der Diskussion den Wind aus den Segeln zu nehmen. Zweitens weisen die kritischen Kommentare bereits in die richtige Richtung. Im europäischen Entscheidungszentrum scheint es weiterhin eine altmodisch strenge Trennung zwischen »science« & »humanities« zu geben und darüber hinaus ein angestaubtes Repertoire an Stereotypen, was Chancengleichheitsprobleme sind und wie man damit umgehen sollte. Es ist löblich, sich der »Geschichten einiger der Heldinnen europäischer Wissenschaft« bewusst zu werden (Seite 5 in der PDF-Version der Sammlung unter http://ec.europa.eu/research/audio/women-in-science/pdf/wis_en.pdf#view=fit&pagemode=none). Dabei darf die EU trotz schicker und teurer Kampagnen aber nicht übersehen, dass nicht nur »girls«, sondern überhaupt verschiedene Menschen der Wissenschaft in Europa gut tun würden. Und ich meine jetzt nicht nur »science«.


2012/08/27

Tempelhof Airport – the European Grandmaster of Noise

Especially for global p(l)ayers, the former airport in Berlin-Tempelhof seems to have a fascination going way beyond practical aspects. Newest example: »Campus Party™ – Europe in Berlin« with its main actors Telefonica | O2 and the European Commission. The weather was not the best during the time span 21st to 26th of August and – even worse – the airplane hangars provide for horrible acoustics if there are as many stages as in this case. This holds true even though or precisely because not all seats were in use in front of every stage. Tempelhof seems to have enough tech-appeal to be the place for hackers, bloggers and wannabes (like me).
The panel I discuss here had the interesting title »Tools and Strategies to hack the European Union«. Noteworthy on a stage paid for in part by the European Commission, that is. Discussiants were Sandra Mamitzsch (Digitale Gesellschaft e. V.) and Katarzyna Szymielewicz (Panoptykon), both active in the umbrella organization EDRI (European Digital Rights). Of course, the panel seemed a little hyped by the vote against the ACTA treaty. Katarzyna Szymielewicz, who is also a member of the EDRI Board, started the panel with a »commercial« for EDRI and its main issues.
Even though there was a serious effort by both discussants to not talk too much about ACTA, the issue came back in the game when they went into the campaigning challenges. The easy aspect of the European Parliaments vote was in the view of both activists that it was just necessary to get the Members of Parliament to vote against the proposed regulation. Understandably, it is much more difficult to bring forward an initiative, e. g. for a reformed copyright.
At this future-oriented part of the discussion the mentioned Tempelhof atmosphere was taking its toll more and more. As Katarzyna Szymielewicz was explaining why »self regulation« in the Internet sector does not always work in a good way, the noise on the main stage just a few meters away reached crisis level. The »hacking attempt« against the European Union had to be aborted. By the way, on the main stage Neelie Kroes, the European Commissioner for Digital Agenda, was enjoying the acoustic aura.

2012/07/18

Gedanken zum ehemaligen Rankeplatz

Vor einem Monat wurde der umgestaltete Rankeplatz in Berlin-Charlottenburg in Friedrich-Hollaender-Platz umbenannt. Ein paar Gedanken zu Leopold von Ranke, einem anderen »Holländer« und einer europäischen Perspektive auf das Ganze passen gut zum ersten Monatsjubiläum. Und das unabhängig davon, ob der »neue Rankeplatz« nun »nicht allen« gefällt (wie Der Tagesspiegel in einem Artikel im Berlin-Ressort meint). Der Historiker Ranke gilt vermutlich weder als »großer Europäer« noch als Hollandspezialist. Wie dem auch sei, seine Ideen tauchen sowohl in der europäisch vielbeschworenen »Einheit in der Vielfalt« als auch in aktueller Geschichtsschreibung auf.
Das Motto der Europäischen Union lautet: »In Vielfalt geeint«. Übertragen ins 19. Jahrhundert könnte man von einer positiven Betrachtung einer europäischen »Harmonie« sprechen, welche aus »Sonderung und reiner Ausbildung« der »Staaten« und »Nationen« entsteht (so Ranke im Schlusswort des bekannten Aufsatzes »Die großen Mächte« aus der Historisch-Politischen Zeitschrift, Bd. 2, 1833). Große Mächte, dazu zählten nicht: Holland beziehungsweise die Niederlande. Dennoch war die Entstehung der Niederlande im 16. Jahrhundert für Ranke aus seiner Bejahung europäischer Vielfalt heraus wichtig. Beim »Aufstande der Niederlande« fokussierte der Historiker sehr auf einen »Holländer«, der einem weiteren Platz in Berlin-Kreuzberg seinen Namen gegeben hat. Der Konflikt zwischen den niederländischen Provinzen und Spanien erscheint als Kampf Davids gegen Goliath.
Dieser Krieg geht bei Ranke fast zugunsten des vereinheitlichenden iberischen Machtmolochs aus, als ein »großer Mann« am 10. Juli 1584 starb: »Nachdem der Prinz von Oranien ermordet worden war, gewann das katholische Princip wieder die Oberhand, und das neu begründete spanische Element drang nun mit Gewalt in die belgischen Provinzen vor.« (Leopold von Ranke, Weltgeschichte. Neunter Theil, zweite Abtheilung. Ueber die Epochen der neueren Geschichte. Vorträge dem Könige Maximilian II. von Bayern gehalten. Hrsg. von Alfred Dove. Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 148). Am Ende heißt es aber: »Ende gut, alles gut«. Spanien musste schließlich die Unabhängigkeit der Niederlande anerkennen. Nun war der »Prinz von Oranien« nicht nur Begründer des holländischen, pardon, niederländischen quasi-monarchischen Fürstenhauses. Er ist mit diesem Titel auch einer derjenigen, die einem einfallen, wenn man am Oranienplatz unterwegs ist. Oranienplatz und ehemaliger Rankeplatz haben eines gemeinsam – die entsprechende Straße wurde nicht vergessen. So bleiben ein vielleicht doch recht »europäischer« Historiker und sein liebster »Holländer« dem Berliner Straßenlexikon erhalten.

2012/06/13

Istanbul and the »Middle Age«

As I had the opportunity to learn a lot about Europe, Turkey and other entities this weekend, just a small remark regarding a question that touches the so-called periphery of Europe: What do we do with such a breathtaking place as Byzantium/Constantinople/Istanbul? At least the answer of the »Sculpture of 1453« by Faruk Akin on the eastern shore of the Bosporus is kind of clear: »CONCEPT: to the commemoration of the Istanbul’s conquest in 1453. History making with the end of middle age the opening of the new age«. To be correct, the English version of it, as I can’t read Turkish, there might be some other idea behind it depending of the language...
»Sculpture of 1453« | (c) dia-eu
»Sculpture of 1453« | (c) dia-eu

»Sculpture of 1453« (inscription) | (c) dia-eu
»Sculpture of 1453« (inscription) | (c) dia-eu