2013/05/19

Universitas europeana I

I learned a lot about the ongoing reforms to establish a European Higher Education Area in a panel discussion in Mannheim recently. The event which was organized by AEGEE Europe – the European Students’ Forum provided the numerous listeners from various European countries with a wide range of topics connected to the so-called Bologna Process.

In this entry, I will concentrate on one issue – in my opinion a crucial one: the duration of courses. In one of the next posts, I will continue this mini-series on the European university – the »universitas europeana« – with some thoughts concerning the question of doctoral programmes in Europe I developed some time ago (in German).

Let’s imagine that one night we fall asleep and the problem I see in the various durations of courses now being offered to students in Europe under the same label (be it Bachelor or Master) is solved. How would we notice? To keep it simple: It would no longer be so commonplace to have one student studying four years to obtain a Bachelor’s degree and another studying four years to first get a Bachelor after three years and a Master on top of it with just one more year.

Now if we dream on to an equally complex field: What would happen in this magic night to the challenge of recognizing courses taken while on an ERASMUS exchange abroad, for example? It might be to much of an utopia to imagine a 100% recognition ratio of your courses taken abroad, but one could have the idea of a Higher Education Area where all courses that are being promised to be recognized beforehand are actually counting for the concerning degree in the end (the audio from the discussion treats this topic, among others).



panel discussion Spring Agora Rhein Neckar (audio clipping)

The panel discussion was moderated by myself, participants were Prof. Ulrich Teichler (International Centre for Higher Education Research Kassel),  Lucille Rieux (Secretary General of AEGEE-Europe), Emanuel Alfranseder (President of ESN - Erasmus Student Network) and Karina Ufert (Chairperson of ESU - European Students’ Union). For more information:
http://www.rhein-neckar-agora.de/spring-agora/thematic-focus

2013/04/15

Europol – Gefahr für die Freiheit Europas?

Wenn scheinbar erschreckende Zahlen über verschobene Fußballspiele in Europa vorgelegt werden, vermuten Manche, dass es auch um PR-Aktivitäten zu den Tätigkeiten einer oft vergessenen europäischen Behörde geht. Europol, das europäische Polizeiamt im niederländischen Den Haag, ist ein Unikum – die europäischen Polizeibeamten unterliegen nur sehr eingeschränkter Kontrolle. Europol-Mitarbeiter (mittlerweile immerhin an die 800) genießen eine weitgehende Immunität, ein Protokoll zum Gründungsdokument billigt diese für Äußerungen und Handlungen im Rahmen Ihrer Amtstätigkeit zu. Anders als Diplomaten genießen die Polizeibeamten die Immunität allerdings auch im eigenen Entsendestaat und über die Beendigung ihrer Tätigkeit hinaus. Zwar hat Europol kaum praktische Exekutivbefugnisse. Problematisch ist die Immunität der Europapolizisten allerdings im Kontext der mittlerweile umfangreichen Zuständigkeiten und weitreichenden Analysetätigkeiten personenbezogener Daten des Polizeiamtes.
Entwicklung – noch 2007 sah das Europol-Logo anders aus als heute
Entwicklungen – noch 2007 sah das Europol-Logo anders aus als heute

Was also, wenn man glaubt, Europol habe gegen das eigene Recht auf »informationelle Selbstbestimmung« verstoßen? Zwar besteht die Möglichkeit, Beschwerde gegen nicht erfolgreiche Anträge auf Auskunft, Berichtigung und Löschung bei einem zuständigen Gremium einzureichen – dies ist jedoch kein Gericht, so dass gegen eine Entscheidung kein Rechtsweg offensteht. Dabei ist auf nationaler Ebene eine strafrechtlich gebundene Polizei – eine Polizei unter dem Gesetz – in Europa (mittlerweile) der Normalfall. Am Fußball kann man allerdings nicht nur anschaulich sehen, wie Geld auch negativ wirken kann, sondern auch, dass Entwicklungen nicht immer nur in eine Richtung gehen.

2013/03/16

Steinbrück und »eine ökonomische raison d’être«

Beim Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück ist die erste Assoziation in Sachen Politikfeld zumeist Finanzen. Der erste Gedanke muss nicht immer der falsche sein. Anlässlich einer Fachtagung der SPD-Bundestagsfraktion unter dem Titel »Herausforderungen einer gemeinsamen europäischen Sicherheitsarchitektur« machte Steinbrück am 13.3.2013 darauf aufmerksam, dass für Europa innerer und äußerer Friede eng zusammengehöre. Nach einer persönlich gefärbten, historischen Einleitung über die Errungenschaften europäischer Integration schien sich der Hanseat beim Friedensnobelpreis für die Europäische Union nicht so ganz sicher: Einerseits stellte er die Frage, warum erst jetzt das Komitee diese Wahl getroffen habe, andererseits brauchten seiner Meinung nach die EU-Länder gerade jetzt Bestärkung.
Auch bei dem grundsätzlichen Tenor der Rede fiel es mir nicht ganz leicht, eine klare Linie des Kanzlerkandidaten zu erkennen. Auf der einen Seite wandte er sich historisch aus meiner Sicht richtig dagegen, nur »eine ökonomische raison d’être« für das europäische Projekt anzunehmen (ungefähr 1:00). Auf der anderen Seite argumentierte der Sozialdemokrat ganz sozialdemokratisch immer wieder für eine Solidarität. Allerdings mit handfesten ökonomischen Argumenten – wie beispielsweise der deutschen Handelsbilanz.
 
Videoausschnitt Peer Steinbrück SPD-Fachtagung 13.3.2013 – (c) dia-eu 

Angesichts des Themas der Fachtagung hatten wohl viele auf mehr Auswärtiges und Sicherheitsarchitektonisches gehofft, zum Schluss ließ sich der Reserveoffizier der Bundeswehr noch auf einige Gedankenspiele zu einer zukünftigen Ostsee-Marine oder gar einer Europaarmee ein. Das eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft 1954 gescheitert ist, musste man in diesem Zusammenhang wahrlich nicht erwähnen. Die Einlassungen zur engen Verbindung von zukünftigem sozialen Frieden in Europa und Friedensmacht Europa in der Welt waren für mich allerdings aufschlußreicher – ähnliche Gedanken, wie ich sie bereits im Zuge der Nobelpreis-Diskussion geäußert habe.



2013/02/09

The Bees, the Flowers and the European Food Safety Authority

As the following video is available only in English it would be much ado about nothing to comment on it in German – even more so as the European agency in question seems to be more recognizable under its English acronym EFSA than under its German title (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit). Anyway, as the agencies of the European Union are scattered all over the continent the organization »committed since 2002 to ensuring that Europe’s food is safe« happens to be situated in Parma, Italy. Probably sending her message to the final frontier of virtual space called Internet from there, a lady with a nice Romanic accent explains why Bees are under threat. Not so long ago, the EFSA issued a press release that dealt with one critical point in the video (around 1:40): The harmful effects of pesticides for our small little honey-helpers. Neonicotinoids not only sound ugly, it is likely that at least three types of these substances pose a risk to bee colonies – clothianidin, imidacloprid and thiamethoxam.

As there are consultations in Brussels going on since late January whether or not the use of these neonicotinoids should be restricted in the European Union, these issues have news value. The petition power of the Internet is on its way, with the platform avaaz.org claiming to have millions of digital signatures for a ban of »bee poison«. Even though the bees, the flowers and the lady of EFSA in the video have only a few thousand clicks, I would recommend not only to sign a petition but also to watch the video or even read the press release. The success of the documentary »More than Honey« is another indicator that it is more at stake than a dark full-grain bread with golden honey for breakfast.
Press release of EFSA: http://www.efsa.europa.eu/en/press/news/130116.htm

2013/01/25

Kommentar zu europäischen Perspektiven von Bischof Dr. Markus Dröge

Seit 2009 ist Bischof Dr. Markus Dröge der Nachfolger von Bischof Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Huber an der Spitze der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Gelegentlich äußert er sich auch zu europäischen Themen. Anlässlich des Taizétreffens in Berlin Ende 2011 deutete er an, dass »gegenseitiges Verständnis« heute, in Zeiten einer »globalisierten Welt«, nötiger sei denn je. Die Taizégemeinschaft bezeichnete er als ein internationales »Netzwerk, das auch durch die jährlichen Europäischen Jugendtreffen zusammengehalten wird«. Nebenbei bemerkt: Das nächste Europäische Jugendtreffen findet im deutsch-französischen Jubeljahr 2013 passenderweise in Straßburg statt.

Im Zusammenhang mit der europäischen Öffentlichkeit und zivilgesellschaftlichen Strukturen in Europa berief sich Dröge kürzlich auf Immanuel Kant. Dieser habe in seinem Buch »Zum ewigen Frieden« drei wichtige Prinzipien herausgestellt. Also gibt der interessierte Zeitgenosse mal eben jene drei Worte bei einer Suchmaschine seines Nicht-Vertrauens ein. Die erste Überraschung bilden die Finger des Scan-Menschen, eheberingt und mit kleinen rosa Blätterhilfen quasi befingerhutet. Die nächste Überraschung bietet der erste Satz mit Bezug zu dem Titel der Schrift (in feinster Fraktur): »Ob diese satyrische Ueberschrift auf dem Schilde jenes holländischen Gastwirths, worauf ein Kirchhof gemahlt war, die Menschen überhaupt, oder besonders die Staatsoberhäupter, die des Krieges nie satt werden können, oder wohl gar nur die Philosophen gelte, die jenen süßen Traum träumen, mag dahin gestellt seyn.«
Bildschirmdruck: books.google.de (25.1.2013)
Bildschirmdruck: books.google.de (25.1.2013)

Sucht man nun nach dem ersten Punkt, auf den Dröge anspielt, findet man Kants Ausführungen zum Friedensbund (foedus pacificum), der von einer Republik »(die ihrer Natur nach zum ewigen Frieden geneigt seyn muß)« ausgehen müsse. Zum zweiten Punkt, Frieden durch Freihandel, findet sich zum Beispiel eine schöne Anmerkung, in der Kant »die Natur« als Friedensstifter zwischen Bewohnern der »Eisküsten« und der »temperirten Erdstriche« auftreten lässt, die friedvoll miteinander Holz gegen »Produkte aus dem Thierreich« tauschen werden.
Der dritte Punkt schließlich passt tatsächlich gut in unsere Zeit, obwohl er aus ganz anderen Kontexten von Kant entwickelt wird: »Da es nun mit der unter den Völkern der Erde einmal durchgängig überhand genommenen (engeren oder weiteren) Gemeinschaft so weit gekommen ist, daß die Rechtsverletzung an einem Platz der Erde an allen gefühlt wird: so ist die Idee eines Weltbürgerrechts keine phantastische und überspannte Vorstellungsart des Rechts, sondern eine nothwendige Ergänzung des ungeschriebenen Codex, sowohl des Staats- als Völkerrechts zum öffentlichen Menschenrechte überhaupt, und so zum ewigen Frieden, zu dem man sich in der continuirlichen Annäherung zu befinden, nur unter dieser Bedingung schmeicheln darf.«
Es stellt sich allerdings schon die Frage, ob es legitim ist, wie Dröge eine transnationale Öffentlichkeit mit Christinnen und Christen als aktiven Bürgern für ein lebendiges Europa aus dem ersten Teil des Kantischen Bandwurmsatzes abzuleiten. In meinen Augen sollte man die scheinbar noch hoffnungsloser verstrickten Ansätze einer Weltgemeinschaft nicht aus den Augen verlieren – egal welcher Religion oder Nicht-Religion man sich verpflichtet sieht. Das kann und wird sicher auch der ehemalige Vorsitzende des Aufsichtsrates des Evangelischen Entwicklungsdienstes (eed) bei Gelegenheit unterstreichen.

Die Ausführungen zum Taizétreffen finden sich als Text auch auf den Seiten der EKBO:
http://www.ekbo.de/bischof/1058819/
Die Überlegungen zur europäischen Öffentlichkeit wurden in der Gemeindezeitung der Evangelischen Auengemeinde in Berlin-Wilmersdorf (Dezember 2012/Januar 2013) veröffentlicht:
www.auenkirche.de

2012/12/27

Einmal Europapolitik, dann lieber Reiseführer

Aggro ICE - (c) ELE
Aggro ICE - (c) ELE
Nach der üblichen Preiserhöhung der Deutschen Bahn sitzt halb Deutschland Ende des Jahres gern in deren Fernzügen. In denen liegt auch »mobil. Das Magazin der Deutschen Bahn« aus. Dieses Jahr hatte ich es gleich mit zwei persönlichen Exemplaren zum Mitnehmen zu tun. Während die Titelgeschichte der Ausgabe 12.2013 mit dem Engagement des Nationalfußballers Philipp Lahm für die europäische Integration sich geradezu in die Tiefen europäischer Tagespolitik wagte, kam das offensichtlich nicht gut an, denn Ausgabe 01.2013 war in dieser Hinsicht wieder bedeutend herkömmlicher. Das Heft, was bereits vor Anbruch des Neuen Jahres an Bord der Züge mit dem Portrait des Schauspielers Axel Milberg um die Gunst der Jahresend-Menschen buhlte, hatte weniger offensichtlich nämlich auch eine europapolitische Geschichte zu erzählen, beziehungsweise eben nicht zu erzählen. Auf den Seiten 44 bis 50 geht es nämlich um Budapest, Hauptstadt Ungarns, vor nicht allzu langer Zeit Land mit dem Ratsvorsitz in der Europäischen Union. An Informationen findet sich neben pittoresken Fotos einiges zu Flódnis (»traditionelles jüdisches Schichtgebäck aus Äpfeln, Mohn und Walnüssen«), Kaffeehäusern und der denkmalgeschützten Zentralen Markthalle.

Ich atme fast hörbar für andere Mitreisende auf, als in der Reportage ein Lehrer aus England auftaucht, der »seiner Klasse ein paar Fakten« beibringt. Doch leider geht es zwar um das ungarische Paralament, aber letztlich erfährt der oder die persönlich von der Deutschen Bahn Beschenkte nur, dass sein Gebäude sich architektonisch am Westminster Palace orientiert. Was polititsch in Ungarn los war und ist, darüber schweigt sich das Magazin leider aus. Ist schon klar, dass Feinheiten zu ungarischer Innenpolitik, Ungarns Geschichte im 20. Jahrhundert oder zu Sanktionsmechanismen und ihren Grenzen in der gegenwärtigen Europäischen Union nicht in einen Reisebericht gehören. Einen Hinweis auf die europapolitische Herausforderung, die die aktuelle ungarische Parlamentsmehrheit und Regierung darstellt, hätte in Kontinuität zur Titelgeschichte des vorangegangenen Heftes allerdings auch nicht geschadet. Schon ein wenig eigenartig, dass »mobil« 12.2012 die Fahne europäischer Völkerverständigung hochhält und die Ausgabe 01.2013 zur Unabhängigkeit von Justiz und Medien im Staat des ehemaligen Gulaschkommunismus nichts zu sagen hat. Klar ist Budapest nicht mit der Regierung in Budapest gleichzusetzen, aber selbst im Internet bleibt das Magazin offenkundig bei süßlich Unverfänglichem: »Sweet Budapest: Eine Bildergalerie und ein Rezept für Esterhazy-Torte finden Sie auf dbmobil.de«

2012/11/30

Friedensnobelpreis und Ungleichheit

Die Friedensnobelpreisträgerin 2012 ist schon wieder mit ganz anderen Nachrichten in den Schlagzeilen. Der Friedensnobelpreisträger 2009 war zwar in diesem Monat in aller Munde, kaum jemand hat jedoch an diese Auszeichnung Obamas erinnert, wichtiger ist die Nachwahlherausforderung mit der schönen Überschrift »fiscal cliff«. Nun ist das mit dem Frieden so eine Sache. Ein anderer Nobelpreisträger – der Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz – war nämlich mit Analysen, wie Ungleichheit Gesellschaft im Sinne von Unfrieden teuer zu stehen kommt, in Deutschland erfolgreich »auf Tour«.
Überhaupt scheint die gute alte Ungleichheit wieder ein zugkräftiges Thema zu sein. Wie man liest, erscheint im Frühjahr voraussichtlich ein neues Opus von Hans-Ulrich Wehler in der »Beck’schen Reihe« dazu. In meinen Augen liegt in dem Thema zugleich die Aufgabe für die Friedensnobelpreisträgerin dieses Jahres – schon in den ersten Reaktionen nach der Bekanntgabe der Entscheidung unterstrichen die Kommentatorinnen und Kommentatoren, dass das nicht eingehaltene Versprechen des gesellschaftlichen Zusammenwachsens in Europa eine Bürde für die Zukunft sei. Es bleibt trotz der Jugoslawienkriege der 1990er Jahre eine preiswürdige Leistung, viele »Erbfeindschaften« des Kontinents scheinbar ad acta gelegt zu haben. Wenn der äußere Frieden jedoch mit innerem Unfrieden einhergehen wird, ist die Frage zu stellen, ob die EU sich wirklich um den Frieden verdient gemacht hat.